Agilität spielt in der VUCA Welt eine zentrale Rolle. Wir brauchen weitreichende Veränderungen in der Wirtschaft, vieles ist in Bewegung und nicht jedes Ziel schon klar definiert. Wir wollen und wünschen uns Wandel, gerne darf er überall sprießen und weitere Bewegungen anstoßen.
Mit agilem Arbeiten wollen wir eine Balance zwischen Struktur (Alignment) und Flexibilität (Autonomy) ermöglichen, um optimal handlungsfähig und reaktionsfähig zu werden. Dazu brauchen wir nicht nur Technik und Tools, sondern vor allem auch einen natürlichen Zugang, eigene Erfahrungen mit dem Spiel dieser „Kräfte“.
Struktur und Flexibilität gehören auch zu den Grundprinzipien im Yoga. Ein Blick auf dieses gesunde Übungsfeld lohnt sich daher aus meiner Sicht sehr.
5 Yoga-Prinzipien, die agiles Arbeiten fördern
1. Lernen durch Feedback – im Yoga natürlich
Ein wichtiges Prinzip in agilen Projekten ist das Integrieren von Feedback in den Entwicklungsprozess, teilweise sogar in festen Formaten wie das Review und die Retrospektive.
Im Yoga lernen wir ganz natürlich jede Körperposition (Asana genannt, z.B. den Baum, Krieger, Herabschauender Hund, …) durch Feedback optimal für uns auszurichten. Feedback erhalten wir dazu zum einen von unserem eigenen Körper (nicht vom Ego), also wie sich diese Position im aktuellen Moment der Ausführung anfühlt. Bin ich in meiner Kraft, ausreichend gefordert, schmerzfrei?
Zum anderen von der Yoga-Lehrerin oder dem Yoga-Lehrer über individuelle Hinweise für Veränderungen oder kleine Impulse durch Assists. Ohne Feedback des eigenen Körpers selbst in den gleichen Körperpositionen geht es beim Yoga nicht. Die Sensibilisierung für den Wert von Feedback und das schnelle Umsetzen in der aktuellen Situation, ist eine wichtige persönliche Kompetenz, die beim Yoga stets geübt wird. Das gilt für alle, auch für Fortgeschrittene Yoga-Praktizierende.
2. Iteratives Vorgehen – im Yoga „Krama“
Ein Grundprinzip agilen Arbeitens ist das schrittweise Vorgehen in kurzen Planungs-Einheiten (z.B. Sprint in Scrum) mit bewusster Reflexion und Anpassung der Planung auf den nächsten Schritt.
Im Yoga spielt das Prinzip „Vinyasa Krama“ eine sehr wichtige Rolle. Das bedeutet „einen Schritt in einer bestimmten Art und Weise platzieren„. In der Praxis zeigt sich das drin, dass jede Körperposition ganz bewusst Schritt für Schritt aufgebaut bzw. eingenommen wird. Je nach Position werden alle Gliedmaßen, Muskeln und Gelenke nacheinander und in einer bestimmten Abfolge platziert.
Das schrittweise Vorgehen zieht sich durch die gesamte Yoga-Einheit als Grundprinzip wie ein roter Faden hindurch. Die Aufmerksamkeit liegt stets beim aktuellen Schritt, die Atmung unterstützt dabei den Fokus. Sobald sich etwas nicht passend anfühlt, wird angepasst. Ein gutes Übungsfeld für Geduld, Feingespür und Flexibilität von Körper und Geist.
3. User zentrierte Entwicklung – Yoga-Übende im Mittelpunkt
In agilen Projekten werden die Kunden/User von Beginn an aktiv in den Entwicklungsprozess eingebunden. So kann jederzeit gemeinsam anhand von Zwischenergebnissen oder Prototypen geprüft werden, ob die Anforderungen sinnvoll erfüllt werden. Das lässt Korrekturen zu und schützt vor Fehlentwicklungen und Unzufriedenheit am Ende.
Beim Yoga konzipiert der Yoga-Lehrende die Yoga-Einheit auf eine bestimmte Zielgruppe, z.B. für Anfänger oder Fortgeschrittene und auf ein inhaltliches Übungsziel, also einen didaktischen Rahmen.
Während der Yoga-Einheit stehen die Teilnehmer mit ihrer Übungspraxis im Mittelpunkt und nicht der Yoga-Lehrende. Die Intensität der Übungen orientiert sich an den Teilnehmenden (Kunden) und nicht am Yoga-Lehrenden, d.h. dieser braucht ein feines Gespür für die Gruppe und muss sich in jeden Übenden hineinversetzen können. Diese Haltung zahlt sich am Ende mehr als aus, denn dadurch gehen alle Teilnehmenden mit einem guten Gefühl aus der Yoga-Einheit raus. Ein schöner Lerneffekt für die Übenden, die den Sinn der Ausrichtung gleich spüren.
4. Empowerment – Yoga-Übende sind selbstbewusst
Ohne Empowerment kann agiles Arbeiten nicht funktionieren. Die Mitarbeitenden brauchen Handlungs- und Entscheidungsspielräume, sollen sie doch eigenständige Lösungen entwickeln, nah am Kunden sein und schnell umsetzen.
Und Yoga kann ohne Empowerment seine Wirkung nicht entfalten. Daher ist Empowerment ein wichtiges Prinzip im Yoga. Die Yoga-Schüler:innen lernen zu jeder Körperposition verschieden Varianten kennen. Dazu gibt es vielfältige Hilfsmittel, wie Blöcke, Gurte, Kissen und Decken, die optional eingebunden werden. Gemeinsam werden Varianten ausprobiert, unterschiedliche Einstiege demonstriert und erklärt. Das Ziel dabei ist, die Kompetenz der Schüler:innen stets weiter auszubauen. Wichtig ist, dass sie in der Situation – im Point of Action – selbst entscheiden, was sie wie für sich nutzen oder variieren wollen. Das stärkt das Selbstbewusstsein und die Selbstwirksamkeit.
5. Agile Werte als Fundament – Yoga ist eine Geisteshaltung
Agilität ist weit mehr als eine Methode. Es braucht ein agiles Mindset und eine Unternehmenskultur, die diese Werte ermöglicht, vorlebt und fördert.
Yoga ist ein entspanntes Spielfeld, um mit Werten bewusst in Berührung zu kommen. Eine persönliche Haltung entwickelt sich nicht durch Denken, sondern im Handeln, im Erfahren, im Ausprobieren. Wie stellt man fest, ob man mutig, flexibel, offen, tolerant, kritikfähig ist? Wie entwickelt man seine Werte ganz praktisch, vertraulich, ohne Druck? Wie fühlt sich Verbundenheit an, obwohl man für sich übt? Antworten darauf erfährt jede:r Yoga-Übende ganz für sich alleine.