Aufmerksamkeit und Achtsamkeit: Was ist der Unterschied?

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„Ich halte mich für sehr aufmerksam, bin höflich und gehe achtsam mit meinem Umfeld um“. Diese Aussage höre ich sehr oft und daran ist nichts falsch. Die Adjektive „aufmerksam“ und „achtsam“ werden im allgemeinen Sprachgebrauch zunehmend häufig verwendet. Manchmal gerät da etwas durcheinander. Da ich immer wieder nach dem Unterschied zwischen Aufmerksamkeit und Achtsamkeit gefragt werde, kommen hierzu meine Erklärungen. Gleich vorweg der erste Unterschied: Achtsamkeit kannst du dir nur selbst schenken, Aufmerksamkeit schenkst du anderen. Du kannst mir also hier deine Aufmerksamkeit schenken und dabei viel darüber erfahren, was Achtsamkeit für dich sein kann. Vielen Dank für deine Aufmerksamkeit.

Was ist Aufmerksamkeit?

Begriffserklärung „Aufmerksamkeit“

„Jetzt hast du meine volle Aufmerksamkeit, mein Schatz, versprochen!“ Diesen Satz hast du vielleicht auch schon mal gesagt oder gehört. Was heißt das genau?
Laut Wikipedia ist Aufmerksamkeit „die Zuweisung von (beschränkten) Bewusstseins­ressourcen auf Bewusstseinsinhalte„. Wir können das als unsere Fähigkeit verstehen, einen relevanten Reiz auszuwählen und uns auf diesen zu konzentrieren. Reize können aus der Umwelt kommen oder auch das eigene Handeln, eigene Gedanken oder Gefühle betreffen. Diese kognitive Fähigkeit brauchen wir ständig in unserem Alltag. Als Maß für die Dauer und die Intensität der Aufmerksamkeit gilt die Konzentration, die durch kognitives Training verbessert werden kann.

Aufmerksamkeit

Arten von Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeit ist ein komplexer Prozess, der aus verschiedenen Teilprozessen besteht. Man spricht auch von verschiedenen Arten der Aufmerksamkeit (Modell von Sohlberg und Mateer (1987, 1989); Quelle: cognifit.com):

  • Arousal: Wie wach oder müde bist du? Diese bezieht sich auf den Grad der Aktivierung und Wachsamkeit.
  • Fokussierte Aufmerksamkeit: Wie genau kannst du dich auf den Reiz konzentrieren?
  • Daueraufmerksamkeit: Wie lange kannst du dich auf einen Reiz oder eine Tätigkeit konzentrieren?
  • Selektive Aufmerksamkeit: Wie intensiv kannst du dich auf einen bestimmten Reiz konzentrieren, während du gleichzeitig von anderen Stimuli abgelenkt wirst?
  • Alternierende Aufmerksamkeit: Wie kannst du deine Aufmerksamkeit abwechselnd auf zwei oder mehr Reize lenken?
  • Geteilte Aufmerksamkeit: Wie kannst du unterschiedliche Reize gleichzeitig wahrnehmen?

Aufmerksamkeitsprozesse am Beispiel Autofahren

Autofahren ist ein gutes Beispiel für einen sehr komplexen Prozess, der alle Arten von Aufmerksamkeit kontinuierlich herausfordert und ineinanderfließen lässt:
Du solltest schon beim Losfahren hellwach sein (Arousal), deine Aufmerksamkeit auf einen Reiz auf der Straße konzentrieren können (fokussierte Aufmerksamkeit), über die gesamte Fahrtzeit aufmerksam bleiben (Daueraufmerksamkeit), dich nicht durch irrelevante Reize ablenken lassen (selektive Aufmerksamkeit), aber deine Aufmerksamkeit gezielt abwechselnd von einer Fahrbahn zur anderen, vom Rückspiegel nach vorne, in den Seitenspiegel und zurück lenken können (alternierende Aufmerksamkeit) und dabei natürlich auch alle Tätigkeiten gleichzeitig ausüben können, die fürs Autofahren notwendig sind (geteilte Aufmerksamkeit). Also Schalten, Lenken, Bremsen usw.. (Quelle: cognifit.com)

Aufmerksamkeit beim Autofahren
Aufmerksamkeit beim Autofahren

Was ist Achtsamkeit?

Begriffserklärung „Achtsamkeit“

Achtsamkeit bedeutet auf eine ganz bestimmte Weise gegenwärtig zu sein, bewusst wirklich präsent im Moment und ohne gleichzeitig zu bewerten bzw. die Wertung wieder loszulassen.
Die gezielte Zuwendung unserer Aufmerksamkeit auf einen Reiz oder auch einen Gedanken ist die notwendige Bedingung, dass uns dieser überhaupt bewusst wird. Im Moment der bewussten Wahrnehmung erkennen wir unsere Bewertung, die meist auf vergangener Erfahrung beruht. Achtsamkeit sensibilisiert in diesem Moment für diese oft zu schnelle Wertung (mag ich, mag ich nicht, will ich, will ich nicht,…) und regt an, diese neugierig zu überprüfen.

Im Alltag nehmen wir einen großen Teil unserer Zeit NICHT bewusst wahr, weil wir mit unseren Gedanken beschäftigt sind: wir hadern mit Situationen vom Vortag, wir planen den anstehenden Einkauf, sorgen uns über anstehende Krisen oder tagträumen oder, …. Oft ertappt man sich dabei während einer längeren Autofahrt auf einer routinierten Strecke. Im Kontext von Achtsamkeit bezeichnet man das als „Autopiloten“. Auch in stressigen Situationen neigen wir dazu, automatisch zu reagieren und immer wieder in die gleichen, nicht immer hilfreichen Muster zu fallen.

Achtsamkeitsqualitäten

Achtsamkeit im spirituellen Sinn ist Ausdruck bestimmter Qualitäten des Geistes und des Herzens, die auf Weisheit und Mitgefühl beruhen. Jon Kabat-Zinn hat sieben Achtsamkeitsqualitäten formuliert, die voneinander anhängig sind.

Diese sind Nicht-BeurteilenGeduld, der AnfängergeistVertrauenNicht-GreifenAkzeptanz und Loslassen.
Wir üben uns darin, neue Erfahrungen mit einem frischen Blick zu machen, nicht alles gleich zu bewerten, Geduld zu haben und auf eine gute Entwicklung zu vertrauen. Akzeptanz ist die Voraussetzung für Veränderung. Loslassen darf auch mal heißen, nicht alles festhalten zu wollen. Nicht auf jedem Gedanken rumkauen zu müssen. In den Achtsamkeitsqualitäten liegen wahre Schätze und es macht richtig Spaß, diese auf dem Übungsweg für sich zu entdecken und in den eigenen Alltag zu integrieren.

Achtsame Momente im Alltag
Achtsame Momente im Alltag

Achtsamkeit am Beispiel Stressbewertung

Durch die Schulung unserer Aufmerksamkeit, durch bewusstes Wahrnehmen, Beobachten, Hineinspüren, bekommen wir zunehmend mehr Einsicht in unsere eigenen Muster und damit die Möglichkeit, eine gewisse Kontrolle zu übernehmen. Wenn ich weiß, was mich in bestimmten Situationen stresst, kann ich die eine oder andere Stressfalle umgehen.

Aber wie stelle ich fest, ob ein bestimmter Reiz bei mir zu einer Stressreaktion führt?
Reize, in diesem Kontext Stressauslöser, sind zunächst neutral und werden erst durch unsere Bewertung im Moment der Wahrnehmung zu Stress (positiv wie negativ). Ein Beispiel: auf dem Weg zur Arbeit kommt es zu einer Vollsperrung aufgrund eines Unfalls. Pünktlichkeit ist dir heilig und daher spürst du wie erste Hitze aufsteigt. Du erinnerst dich, die Situation nicht automatisch zu bewerten, sondern genauer hinzuschauen und zu prüfen. Moment mal! Ist es genau jetzt wichtig, wirklich pünktlich anzukommen? Ist es notwendig, dass es zu einer ungesunden Stressreaktion kommen muss? Oder kannst du entspannt und geduldig weiterfahren, egal wie lange es dauert? Achtsam kannst du so eine bewusste und verantwortungsvolle Entscheidung für dich treffen.

Stressmuster im Stau - achtsam bleiben
Stressmuster beim Autofahren im Stau achtsam entlarven

Was ist der Unterschied zwischen Aufmerksamkeit und Achtsamkeit?

Der Unterschied zwischen Aufmerksamkeit und Achtsamkeit ist sehr fein und von außen schwer zu erkennen. Achtsamkeit können wir uns als eine Art Meta-Aufmerksamkeit vorstellen, also das Beobachten der eigenen Aufmerksamkeit.

Eine wichtige Unterscheidung ist, dass wir Achtsamkeit nur uns selbst schenken können, indem wir uns selbst wahrnehmen. Unsere Gedanken, Gefühle, Stimmungen, unsere Körperempfindungen, unsere Werte und Muster.
Aufmerksamkeit hingegen schenken wir anderen. Anderen Menschen, anderen Dingen oder anderen Situationen. Die Werbung versucht alles, um unsere Aufmerksamkeit zu lenken.

Die kognitive Fähigkeit der Aufmerksamkeit brauchen wir, um uns bewusst selbst wahrzunehmen. Achtsamkeit hingegen entlarvt die Konzepte aus unserem Ego und schafft uns Zugang zur eigenen inneren Wahrheit.

Aufmerksamkeit und Achtsamkeit sind perfekte Partner auf dem Weg zur Emotionalen Intelligenz, die wir brauchen, um mit Künstlicher Intelligenz klug umgehen zu können.

Achtsamkeit ein Geschenk an dich selbst
Schenk dir selbst Achtsamkeit

Aufmerksamkeit und Achtsamkeit trainieren mit Yoga- und Mindfulness-Kursen

Lerne dich selbst kennen im Einklang von Körper, Geist und Atem. In Bewegung, in Meditation, in Stille, in der Reflexion und im Austausch. Du selbst wirst zum Anker deiner Aufmerksamkeit und gleichzeitig zum Beobachter deiner Handlungen. Das führt zu Klarheit, Gelassenheit und Selbstwirksamkeit. Und ganz wichtig – zu einem wirksamen und nachhaltigen Transfer in deinen Alltag. Wann fängst du an?


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